Interview mit Sven Koepchen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Klöckner & Co Deutschland GmbH
Sven Koepchen studierte Maschinenbau in Dortmund und begann seine Karriere 1991 als Trainee bei der Thyssen Edelstahl AG. Bereits fünf Jahre später übernahm er die Geschäftsführung des Vertriebs der Thyssen Edelstahl Service GmbH. 2001 wurde Sven Koepchen in den Vorstand der Deutschen Eisenhandel AG berufen – nach der Zusammenlegung der Stahlhandelsaktivitäten mit der Arcelor Distribution GmbH, die ab 2004 als ArcelorMittalDistribution GmbH weitergeführt wurde. Hier übernahm er im Jahr 2006 den Vorsitz der Geschäftsführung. Von 2011 bis 2012 war Sven Koepchen bei der RCG Research & Consulting Group als Managing Partner tätig. Seit dem 1. November 2012 ist Sven Koepchen Vorsitzender der Geschäftsführung der Klöckner & Co Deutschland GmbH.
Über Klöckner & Co
Die Klöckner & Co Deutschland GmbH fertigt Vorprodukte und Baugruppen aus Stahl und Metall. An den 16 Standorten in Deutschland sind rund 1.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt – weltweit rund 8.600.
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„Wir stellen konsequent die Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt“
Interview mit Sven Koepchen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Klöckner & Co Deutschland GmbH
Klöckner & Co ist weltweit einer der größten produzentenunabhängigen Stahl- und Metalldistributoren und eines der führenden Stahl-Service-Unternehmen mit über 100.000 Kunden. Mit seinem Distributions- und Servicenetzwerk ist Klöckner & Co an rund 160 Standorten in 13 Ländern vertreten, darunter auch im bayernhafen Nürnberg und bayernhafen Regensburg. Als Pionier des Wandels in der Stahlindustrie digitalisiert Klöckner & Co seine komplette Liefer- und Leistungskette.
Welches sind nach Ihrer Einschätzung die aktuell größten Herausforderungen im Stahlmarkt?
Eine der größten Herausforderungen ist eng mit der Frage verbunden, wer das Wettrennen um die Prozessführerschaft in der Stahlbranche gewinnen wird. Nur wer mit schlanken Prozessen und einer transparenten Preisstruktur überzeugt, wird auch in Zukunft eine treibende und bestimmende Kraft im Markt sein. Wir haben daher unsere Strategie auf die konsequente Digitalisierung unserer Prozesse ausgerichtet. Wir sind auf diesem Weg schon weit vorangekommen, aber noch nicht am Ziel.
Unsere Kunden fordern mehr Angebots- und Preistransparenz. Wir sehen hier durchaus Parallelen zum B2C-Geschäft. Im Gegensatz dazu ist die Stahlbranche häufig noch von Intransparenz geprägt. Früher oder später wird sich der Kundenwunsch nach Preistransparenz aber erfüllen – entweder durch Innovationen aus der Branche selbst heraus oder durch ein disruptives Geschäftsmodell eines externen Angreifers. Basierend auf dieser Erkenntnis hat der CEO des Klöckner & Co-Konzerns, Gisbert Rühl, die Initiative ergriffen und die unabhängige Industrieplattform XOM Materials initiiert, über die auch Wettbewerber Stahl verkaufen können. Dort haben die Kunden die Möglichkeit Preise verschiedener Produzenten und Händler zu vergleichen. Auch wir als Klöckner & Co Deutschland stellen uns diesem Wettbewerb und bieten selbst Stahl auf der Plattform an. Das machen wir, weil wir bereits über eine mehrjährige Erfahrung beim Online-Verkauf verfügen und aufgrund der fortschreitenden internen Digitalisierung zu kompetitiven Preisen anbieten können.
Neben den industriespezifischen Herausforderungen ist Klöckner & Co aber natürlich auch von übergeordneten Veränderungen betroffen. Denken wir an den demografischen Wandel. In letzter Konsequenz bedeutet das auch einen immer schärferen Wettbewerb um Talente. Durch unsere Wahrnehmung als digitaler Vorreiter sind wir dennoch gut am Arbeitsmarkt positioniert, sodass wir die richtigen Menschen für Klöckner & Co gewinnen können. Die fortschreitende Digitalisierung verändert selbstverständlich zusätzlich die Anforderungen nach innen. Wir sehen es als unseren Auftrag, die Menschen bei Klöckner & Co in die digitale Arbeitswelt mitzunehmen. Daher schulen wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontinuierlich und während der Arbeitszeit über die konzerneigene Digital Academy. Im Gegenzug erwarten wir aber auch, dass diese Angebote angenommen werden und wir uns so gemeinsam fit für die digitale Zukunft machen.
Welche besonderen Anforderungen stellen Ihre Kunden an Sie?
Die Anforderungen unserer Kunden sind nicht außergewöhnlich. Es geht neben attraktiven Preisen um Flexibilität in der Zusammenarbeit, zeitnahe Lieferungen der Waren und natürlich Termintreue. Darauf möchte sich ein Kunde verlassen und das leisten wir bei Klöckner & Co. Immer häufiger wünscht sich der Kunde, dass er mehr Leistungen und Waren aus einer Hand beziehen kann. Wir haben dieses sogenannte One-Stop-Shopping mit unserem Marktplatz-Konzept realisiert. Unsere Kunden können über unsere Onlineshops auch komplementäre Produkte von Dritten bestellen. Klöckner & Co ist mit diesem Konzept bereits in sechs Ländern live und verkauft heute komplementäre Produkte von rund 30 Anbietern online. Unsere Kunden profitieren dabei von einem breiten Produktangebot, das kein einzelner Händler über einen Onlineshop allein anbieten kann. Und natürlich ist das keine Einbahnstraße. Händler, die unser Marktplatzkonzept nutzen, erschließen sich so den Zugang zu rund 20.000 registrierten Kunden.
Besteht das Potenzial, Mehrwert-Leistungen zu erbringen, und wo liegt dies vor allem nach Ihrer Einschätzung?
Neben der Just-in-Time-Lieferung erbringen wir mit unserem Anarbeitungsportfolio den größten Mehrwert. Bei Klöckner & Co ist das ein Teil unseres höherwertigen Geschäfts und ein echtes Differenzierungsmerkmal im Vergleich zum Wettbewerb. Unsere Services zeichnen sich dadurch aus, dass die Ware schon vor Auslieferung in die vom Kunden gewünschte Form
gebracht wird. Wir bieten das komplette Spektrum an: vom CNC-Fräsen und Ablängen bis hin zu der Stahlbearbeitung mit 3D-Lasern. Der Kunde kann die vorgearbeiteten Teile so direkt in seine Produktionsabläufe integrieren, ohne sie vorher noch modifizieren zu müssen. Indem wir komplexe Teile vorproduzieren, nehmen wir unseren Kunden Arbeit ab und schützen ihr wichtigstes Gut: ihre Zeit. Im Gegenzug kann sich der Kunde auf seine Kernkompetenzen in der Produktion konzentrieren. Wir werden also zum Teil der
Produktionsprozesse unserer Kunden. Und das ist im Vergleich zum klassischen Stahlhandel mit Commodity-Produkten ein deutlich margenstärkeres Geschäft.
Welche Rolle spielt kloeckner.i innerhalb Ihrer Digitalisierungsstrategie „2022“ und was erwarten Sie sich davon – mittel- und langfristig?
Mit kloeckner.i hat Klöckner vor fünf Jahren eine eigene Digitaleinheit in Berlin gegründet. Ein Start-up, um alle Projekte der konzernweiten Digitalisierungsstrategie unter einem Dach zu bündeln und voranzutreiben. kloeckner.i hat heute rund 90 Mitarbeiter aus den Bereichen Produktinnovation und -entwicklung, User Experience und Design, Onlinemarketing, Business Analytics sowie Customer Care. Die dort beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind Digital Natives. Sie entwickeln, testen und integrieren digitale Lösungen für alle Klöckner & Co Gesellschaften und steuern deren Onlinemarketing. Seit Anfang 2019 bietet kloeckner.i digitale Beratungsdienstleistungen für andere Unternehmen an. kloeckner.i stellt dabei konsequent die Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt. Das ist einerseits eine kontinuierliche Herausforderung und andererseits ein starkes Unterscheidungsmerkmal zum Wettbewerb. Das Marktplatzkonzept schafft auch hier einen Mehrwert.
Über die Integration in die proprietären B2B-Marktplätze von Klöckner & Co ermöglicht kloeckner.i Beratungskunden einen einfachen Einstieg in den E-Commerce. Aber es geht noch weiter. Mit der fortschreitenden Digitalisierung unserer Prozesse mit Hilfe von kloeckner.i werden wir weiter Kosten senken und durch die besonders nutzerfreundlichen Frontends für Kunden Marktanteile hinzugewinnen. Zudem erschließen wir uns durch die Erhebung von Transaktionsprovisionen für Anbieter auf den Klöckner & Co Online-Marktplätzen einen stetig wachsenden zusätzlichen Einnahmestrom.