kurs 07 2021 | TitelThema

„Infrastruktur braucht Optimismus“

… in Planung, Entwicklung und Betrieb

Smiley Infrastruktur

Wer Hafen-Infrastruktur plant, entwickelt, realisiert und betreibt, braucht vor allem zwei Dinge: unternehmerisches Denken und Optimismus. Nur in dieser Kombination kommt Hafen-Infrastruktur überhaupt ins Laufen, nur in dieser Kombination zeigt Hafen-Infrastruktur im laufenden Betrieb, was sie kann.

Infrastruktur geht, bevor sie überhaupt einsatzfähig ist, lange Wege. Ganz lange Wege. Das war und ist so bei der Erweiterung des Schienennetzes, zum Beispiel nach der deutschen Wiedervereinigung oder zur Verbindung mit dem zukünftigen Brenner-Basistunnel, das war so zur Eröffnung des Main-Donau-Kanals, und das war und ist so bei jedem neuen Autobahn-Kilometer. Nicht anders das Bild, wenn es um neue Stromtrassen oder den Glasfaserausbau geht – und auch und gerade die Entwicklung von Hafen-Infrastruktur ist auf der Langstrecke unterwegs. Denn vor der Infrastruktur liegen viele, viele Jahre der Planung, Genehmigung und Realisierung. „Weil der Weg zur Infrastruktur lang ist, braucht es über die gesamte ‚Strecke‘ vor allem eines: Optimismus“, sagt bayernhafen-Geschäftsführer Joachim Zimmermann, „denn wer die gesamt­gesellschaftliche Bedeutung von Infrastruktur erkennt, muss Großes wollen und Großes für möglich halten. Dieser positive Impetus steht am Anfang und über die gesamte, oft jahrzehntelange Wegstrecke bis zur Inbetriebnahme neuer Infrastruktur.“ Genau dies war der Fall, als vor 100 Jahren der Hafen Aschaffenburg seine Arbeit aufnahm und vor 49 Jahren der Hafen Nürnberg startete.

Vor genau 100 Jahren …

… wurde der neue Handels- und Industriehafen Aschaffenburg eröffnet – nur drei Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs, als Europa darniederlag und vieles, ganz vieles kaputt war (siehe Artikel Seite 10). „Wer bitte braucht jetzt einen Hafen? hätte die Haltung der Menschen sein können“, sagt Joachim Zimmermann, „war sie aber nicht. Ganz im Gegenteil. Die Gründerväter des Aschaffenburger Hafens waren überzeugt davon: ‚Hafen ist Verbindung, Güterverkehr, Aufbruch und Fortschritt. Wir wollen und wir brauchen diesen Hafen.‘ Das war in der damaligen Zeit Optimismus pur. Wer Infrastruktur baut, investiert in langlebige Wirtschaftsgüter, die sich nicht in wenigen Jahren amortisieren. Schon allein deshalb ist Optimismus und Vertrauen in die zukünftige Entwicklung gefordert.“

Investition in Infrastruktur braucht Weitsicht, Optimismus und langen Atem.

bayernhafen-Geschäftsführer Joachim Zimmermann

2022 hat ein weiterer bayernhafen-Standort Jubiläum: Der bayernhafen Nürnberg wird 50 Jahre alt. 1972 wurde er eröffnet, als Teil der transeuropäischen Wasserstraße zwischen Nordsee und Schwarzem Meer. Eine Jahrhundert-Idee, die in Nürnberg mit Weitsicht angepackt und realisiert wurde. Der Freistaat Bayern und die Stadt Nürnberg legten mit der Unterzeichnung des Hafenvertrags am 11. November 1966 den Grundstein dafür. Über 330 ha Hafenfläche, das war nicht Klein-Klein, das war der große Wurf, von Anfang an. Die Haltung der Menschen war auch hier: ‚Wir wollen und wir brauchen diesen Hafen.‘ Nur deshalb konnte sich der bayernhafen Nürnberg zu einem der wichtigsten Güterverkehrs- und Logistikzentren Europas entwickeln. Nur deshalb konnten sich auf der bereitgestellten Fläche Logistik-Unternehmen in großer Zahl ansiedeln. Vom trimodalen Containerterminal profitieren Unternehmen in der gesamten Metropolregion Nürnberg im Import wie im Export.

„Mutmacher-Hafen“

Mitte der 2.000er-Jahre entschied bayernhafen, den Standort Passau-Schalding auszubauen. „Unser Mutmacher-Hafen ist der bayernhafen Passau-Schalding“, bekannte Joachim Zimmermann vor kurzem im Rahmen des Sparkassen-Zukunftsdialogs. Denn auch der Ausbau des Standorts Schalding war seinerzeit geplant mit optimistischen Erwartungen. Die Eröffnung 2008 fiel dann mitten in die Finanzkrise. Doch die positive Entwicklung seitdem kann sich sehen lassen. bayernhafen bietet in Passau als zertifiziertes Umschlagunternehmen selbst den Güterumschlag an: Dieses Angebot steht allen Kunden offen.

Auch die jüngste Neuverknüpfung ist nur aufgrund der trimodalen Anbindung möglich: Seit 1. Februar 2021 ist Passau täglich per Containerzug mit den deutschen Seehäfen verbunden (Artikel s. Seite 5). Die Verknüpfung der drei Verkehrsträger Binnenschiff, Bahn und Lkw ist so nur im Hafen möglich. Er leistet somit einen aktiven Beitrag dazu, dass Deutschland seine Klimaziele erreicht.

Mehr zum „Mutmacher-Hafen“ im Video des Sparkassen-Zukunftsdialogs.

Optimismus im Betrieb von Infrastruktur

Nach der Inbetriebnahme von Infrastruktur geht die Langstrecke weiter. Denn Infrastruktur ist von Dauer und für Dauerhaftigkeit gebaut. Und ja, auch und gerade im Betrieb gibt es immer wieder neue Herausforderungen. So brachte die Fertigstellung des Main-Donau-Kanals 1992 dem Hafen Regensburg den größten Einschnitt seines Bestehens in Bezug auf die Verkehrsgeographie und die Hinterlandverbindungen. Denn Regensburg verlor die bisherige Kopfhafenfunktion, und der Transportmarkt richtete sich völlig neu aus.

Infrastruktur ist immer zukunftsgewendet.

bayernhafen-Geschäftsführer Joachim Zimmermann

bayernhafen blieb seiner Linie trimodaler Standorte treu und hielt am Westhafen Regensburg und an der Bahninfrastruktur fest, auch wenn es erstmal eine Delle im Bahnumschlag gab. Durch den Main-Donau-Kanal eröffneten sich für Regensburg neue Perspektiven: So wurden direkte Verkehrsbeziehungen nach Westeuropa und zu den Nordsee-Häfen wie Rotterdam möglich. Heute ist der bayernhafen Regensburg der vom Schiffsumschlag her größte bayerische Hafen und der Bahngüterumschlag gleichauf, hieran hat der Westhafen einen ganz erheblichen Anteil.
Auch die Vielfalt der Verbindungen und insbesondere der transportierten Güter auf der Schiene hat stark zugenommen: So werden Lebensmittel aus Italien, Mineralöl, Dünger und Zement genauso umgeschlagen wie – im Kombinierten Verkehr – Container im Seehafenhinterlandverkehr von und nach Hamburg, Trailer von und nach Niedersachsen sowie alpenquerend nach Verona. Der Bahngüterverkehr in Regensburg zeigt beispielhaft, dass die Vielfalt der Güter an allen ­bayernhafen Standorten zugenommen hat. Infrastruktur muss diese Vielfalt ermöglichen – sie muss da sein, wenn sie gebraucht wird.

Anbindung ans internationale Bahnnetz

Ein weiteres Beispiel ist die aktuelle Diskussion in Bamberg: Durch die neue ICE-Strecke braucht es den Neubau eines Hafennordgleises, um den bayernhafen Bamberg auch weiterhin leistungsfähig ans internationale Bahnnetz anzuschließen. „Wir vertrauen auf die Politik, dass die Verkehrsverlagerung ernst gemeint ist“, sagt Joachim Zimmermann, „als Infrastrukturbetreiber erwarten wir eine deutliche Zunahme beim Bahnverkehr, dafür müssen die Strukturen passen. Wenn der bisherige Anschluss entfallen muss, braucht es an anderer Stelle einen Ersatz. Die Entscheidung, wo die beste Anbindung ist, trifft die DB Netz.“

Hafen-Infrastruktur erfordert planungsrechtliche Absicherung

Vor 110 Jahren entstand der Westhafen Regensburg an der Donau, das Thema Infrastruktur war gesetzt und die Bedeutung des Hafens für die Stadt allseits anerkannt. Heute wird Hafen von manchen als Eingriff und Belästigung empfunden. Doch Hafen ist absolut notwendig, damit Güter und Waren zuverlässig in die Stadt und Region kommen und hier produzierte Güter zuverlässig wieder zu Kunden weltweit auf die Reise gehen. Heute ist die Verknüpfung der Verkehrsträger genauso essentiell für unsere Versorgungssicherheit und die Lieferwege unserer Unternehmen wie damals.

Zur rechtlichen Absicherung braucht es heute das Instrument des Bebauungsplans, um Hafen- und Wohngebiete im Sinne einer verträglichen Nachbarschaft klar voneinander abzugrenzen. Damit kann in Regensburg aus der historisch gewachsenen Gemengelage Rechts- und Planungssicherheit erreicht werden – für die Hafenkunden wie auch für die Nachbarn. Nach den bayernhafen-Standorten Nürnberg und Bamberg wird jetzt auch in Regensburg der Weg über einen Bebauungsplan eingeschlagen und so planerische Sicherheit für die Zukunft geschaffen.

Joachim Zimmermann: „Infrastruktur ist immer zukunftsgewendet. Wir machen keine App, mit der man in zwei Monaten Millionär werden kann. Wir investieren in Infrastruktur, die es in 30 Jahren noch braucht – in anderer Form vielleicht, für Dinge, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Auch bei bester Analyse und Abwägung gibt es keine 100%ige Sicherheit – wir brauchen daher immer den Mut, Entscheidungen zu treffen.“