Dynamische Arbeitswelt Hafen – Die wichtigste Ressource ist der Mensch
Menschen haben Boote gebaut und den Globus besiedelt. Haben das Rad erfunden, um Lasten zu transportieren. Haben Eisen geformt und daraus Schienen gemacht. Menschen sind in die Lüfte gestiegen und haben den Container erfunden. Und natürlich waren es Menschen, die das Tor zur digitalen Welt aufgestoßen haben. Nur der Mensch macht all dies möglich. Doch was ist seine Rolle in der modernen Logistik? Wie setzen Unternehmen in Zeiten der Digitalisierung auf ihre Leute? Und was reizt Menschen an der Branche Logistik besonders? Ein Portrait von der wichtigsten Ressource der Welt, dem Menschen.
Mit Vielfalt punkten
Unternehmer sind sich einig: Menschen machen Unternehmen stark, in Industrieunternehmen wie bei Logistikdienstleistern. So ist Ralf Pollmeier, Geschäftsführer des größten europäischen Laubholzproduzenten, der Pollmeier Massivholz GmbH & Co.KG mit Standort im bayernhafen Aschaffenburg, überzeugt: „Fertigungsbetriebe brauchen Menschen wie Wasser zum Leben. Egal wie automatisiert Fertigungsprozesse sind – Maschinen brauchen Menschen, damit sie laufen.“
Zudem bereichere Vielfalt unser Leben: „Jeder, der Talent hat, gleich welcher Herkunft, verdient gefördert zu werden“, sagt Ralf Pollmeier, „allein schon aus Eigeninteresse eines Unternehmens. Je besser ausgebildet Mitarbeiter sind, desto leichter fällt es, ein Unternehmen zu betreiben, desto profitabler ist es in der Regel. Insofern ist das Fördern von Mitarbeitern keine philanthropische Angelegenheit, sondern etwas, was kluge Unternehmen von sich aus machen.“
Auch beim weltweit tätigen Lkw-Achsenhersteller SAF-HOLLAND in Bessenbach ist der Mensch das entscheidende Moment. „Ideen und Engagement machen das Unternehmen erfolgreich“, sagt Thomas Grimm, Vice President Human Resources von SAF-HOLLAND, „es sind Menschen, die Produkte entwickeln, produzieren und vertreiben. Verschiedene Kulturen und Perspektiven bringen mehr Kreativität in die Entwicklung unserer Produkte. Wir entwickeln heute Produkte, die dann auf Grundlage der unterschiedlichen Sichtweisen aus den Regionen jeweils angepasst werden. So kommen durch unsere Kollegen aus den USA oder China ganz andere Kundenwünsche zum Tragen.“
„Die richtige Mischung macht’s“
Für Herbert Rückerl, Prokurist der Spedition Horst Pöppel im bayernhafen Regensburg, ist der Mensch „Grundstein unserer Dienstleistung“, denn ohne Menschen nütze die beste Technik nichts: „Wir können Qualitätsverkehre nur über Menschen darstellen. Entscheidend sind daher der Ausbildungsstand unserer Leute und die Mitarbeiterführung. Auch gegenüber dem Kunden zählt das Team. Wo sich Mitarbeiter auskennen, wo sie spezialisiert und ausgebildet sind, sollen sie auch eingesetzt werden – das ist wie in einem Fußballteam. Wir haben 24 Nationen an Bord, die arbeiten hervorragend zusammen. Die richtige Mischung macht’s.“
„Dienstleistung ist unser Brain“
Goran Susak, Leiter der Kühne + Nagel Niederlassungen im bayernhafen Nürnberg, in Lichtenfels und Scheßlitz, formuliert das oberste Ziel der Arbeit mit Menschen so: „Wie schaffe ich ein Umfeld, in dem es Freude macht zu arbeiten? Unser Ziel sind Mitarbeiter, die mit Leidenschaft dabei sind. Stichwort ‚Customer’s need‘: Dienstleistung ist unser Brain, der Unterschied liegt in den Menschen.“
Fertigungsbetriebe brauchen Menschen wie Wasser zum Leben.
Ralf Pollmeier, Geschäftsführer der Pollmeier Massivholz GmbH & Co.KG
„Viele Begabungen sind wichtig“
Für Hans-Jörg Kramer, Niederlassungsleiter Raben Trans European Germany GmbH, gilt: „Garant für kundenorientierte Serviceleistungen in der Logistik sind schnelle, abgewogene und wirtschaftliche Entscheidungen. Die menschliche Fähigkeit, Dringliches zu erkennen, Maßnahmen abzuleiten und zielführend zu agieren, wird kaum technisch lösbar werden.“ Zudem seien in einem international agierenden Unternehmen viele Begabungen wichtig: „vom Ingenieur, der die Klimatisierung in der Kühlkette bewertet, über den Kaufmann, der Seefrachten in exotische Länder befördert, bis zum Experten für effiziente Arbeitsabläufe. Oft zeigt sich zudem, dass Quereinsteiger querdenken können.“
Arbeitsumgebungen verändern sich
Automation, Digitalisierung, globale Liefer- und Kundenstrukturen – vor allem diese drei Entwicklungen prägen heute die Unternehmen. Wie nehmen sie dabei ihre Leute mit? „Unsere Sägewerke sind heute Hightech-Betriebe“, sagt Ralf Pollmeier, „früher brauchten Mitarbeiter zum Verständnis einer Maschine zwei bis drei Wochen, heute mehrere Monate. Unsere Mitarbeiter müssen daher mehr wissen als früher, und Maschinen müssen so konzipiert sein, dass unsere Leute sie einfach bedienen können – so einfach wie ein Smartphone. Das ist zum einen eine Herausforderung für unsere Maschinenbauer, zum anderen erreichen wir dies durch ein klares Regelwerk und Checklisten zur Bedienung und Wartung der Anlagen, durch betriebliche Einarbeitung und die Aufteilung der Arbeit in leichter zu bewältigende Teilaufgaben. Auch unser Vertriebsteam unterstützen wir mit klaren Strukturen und Qualitätsprozessen. Das wirkt. Entscheidend ist das Zusammenspiel.“
Mehr Verantwortung, mehr weltweite Vernetzung
Auch bei SAF-HOLLAND werden einfachere Tätigkeiten immer weniger. „Gleichzeitig“, so Thomas Grimm, „nehmen die Anforderungen bei den wertschöpfenden Tätigkeiten zu.“ So komme im Rahmen von Industrie 4.0 industrial engineering und Instandhaltung ein hoher Stellenwert zu. Zudem führe die Automatisierung der Anlagen zu deutlich höheren Stückzahlen. „Wir sind weltweit ausgerichtet, daher nimmt standort-übergreifende Projektarbeit zu. Im Rahmen unserer Digitalisierungsüberlegungen prüfen wir vermehrt, auch neue Services anzubieten. Wir beziehen das Digitale schon bei der Produktentwicklung mit ein, nutzen agiles Projektmanagement. Mit der Digitalisierung ist ein höheres Maß an Verantwortung und Vernetzung verbunden. Unsere Leute müssen dafür bereit sein, offen und flexibel für stetigen Wandel.“
„Wer ein Smartphone bedienen kann, kann auch Scanner bedienen“
Auch Herbert Rückerl konstatiert einen signifikanten Rückgang der ausführenden Tätigkeiten: „Bei Pöppel stehen heute Planen und Steuern im Mittelpunkt. Die Arbeitsumgebung wird immer digitaler. Im Lager läuft alles über Scanner und Barcode, die Daten sind dann automatisch im System. Längst ist das Digitale Teil der Ausbildung – und gehört auch bei der Einarbeitung von Ungelernten mit dazu. Das Gute ist: Wer ein Smartphone bedienen kann, kann auch Scanner bedienen.“ Auch das Führungsverhalten habe sich verändert: „Wir bringen heute übers Team die Stärken der Mitarbeiter mit ein. Unsere Leute wollen selbständiger arbeiten, jeder bekommt einen Verantwortungsbereich. Natürlich hat weiterhin ein Teamleiter den Hut auf. Wir tauschen auch mal die Aufgaben, das erweitert den Horizont.“
Kommunizieren statt nur informieren
Goran Susak von Kühne + Nagel ist überzeugt davon, dass viele Arbeitsplätze in fünf Jahren anders aussehen werden, aufgrund der immer stärkeren industriellen Abwicklung der Logistik: „Dies besprechen wir mit unseren Mitarbeitern und sagen ihnen: ‚Entscheidend ist Dein Know-how, denn das wird beim Kunden gebraucht.‘ Bei der Digitalisierung nehmen wir unsere Kolleginnen und Kollegen mit, führen Tablets ein und schulen sie. So managen wir Veränderung hier und heute. Informieren können Unternehmen alle – aber aufs Kommunizieren kommt es an, auf den echten Dialog.“
Veränderungen gehen Menschen mit, wenn sie das Warum kennen.
Hans-Jörg Kramer, Niederlassungsleiter Raben Trans European Germany GmbH
Dies unterstreicht auch Hans-Jörg Kramer von Raben Nürnberg: „Veränderungen gehen Menschen mit, wenn sie das Warum kennen und die Auswirkungen. Die Erfahrung zeigt: Transparenz und Gleichbehandlung sind meist der Schlüssel für Zustimmung – denn bei Veränderungen passiert meist nichts Unlogisches, sondern dem Markt längst Geschuldetes.“ Ausdrücklich erwünscht im Raben-Team seien Mitwirken, Mitdenken und vor allem selbstständiges Handeln. „Abteilungsgrenzen schwinden, wir denken und handeln standort-übergreifend, im Rahmen von best practice Projekten.“
„Verknüpfung ist entscheidend“
bayernhafen Geschäftsführer Joachim Zimmermann sieht in der Verknüpfung von Künstlicher Intelligenz und menschlicher Intuition die Chance der Zukunft: „KI hat das Potenzial, uns von harter und monotoner Arbeit zu entlasten, es sollte aber im positiven Sinne weiter menscheln. Ich bin überzeugt davon: Unternehmen, die technologisch up to date sind, nehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch Ängste vor Veränderung.“
Mitarbeiter finden, Mitarbeiter binden
Vollbeschäftigung, Fachkräftemangel, Personalengpässe … Begriffe wie diese prägen die HR-Arbeit vieler Unternehmen. Was tun Industrie- und Logistikunternehmen, um die richtigen Leute zu finden und zu halten? „Die beste Werbung geht von Mitarbeitern selbst aus, über Empfehlung“, sagt Thomas Grimm, „SAF-HOLLAND ist einer der besten Ausbildungsbetriebe und einer der großen Arbeitgeber im Raum Aschaffenburg. Es gibt Mitarbeiter, die bald 50 Jahre im Unternehmen sind. Wir entwickeln unsere Aus- und Weiterbildung stetig weiter und übernehmen alle unsere Auszubildenden. Zudem haben wir ein Talent Management-Programm, mit individueller Ausprägung. Gerade jüngeren Leuten ist heute work-life-balance wichtig, ein Job, der Spaß macht, in einem guten Umfeld. All das bieten wir.“
„Das Werben um Mitarbeiter ist längst eine Kernaufgabe des Unternehmens“
… sagt Herbert Rückerl, der bei Pöppel mit seinen Führungskräften Speditions-, Büro- und IT-Kaufleute, Fachkräfte für Lagerlogistik und Berufskraftfahrer ausbildet, „unser gesamter Nachwuchs kommt aus den eigenen Reihen. Da kommt es schon bei der Auswahl darauf an, die zu finden, die auch dauerhaft zu uns passen. Wir stellen bei uns die Wertigkeit des einzelnen heraus, vom Staplerfahrer bis zum Abteilungsleiter. Jeder bei uns ist gleich viel wert. Da hilft einer dem anderen.“
Auch mit seiner Öffentlichkeitsarbeit geht Pöppel in die Offensive. „Logistik ist top, da kann man was werden“, sagt Herbert Rückerl, der durch seine Zusammenarbeit mit Schulen heuer aus drei Schnupper-Praktika drei Azubis gewonnen hat. Eine besondere Aktion ist das Pöppel Fahrertraining: Da können Mitarbeiter und interessierte Bewerber Ausweichen und Bremsen üben und am Überschlags-Simulator trainieren.
„Gespür für Leute“
Auch für Hans-Jörg Kramer von Raben ist Personal ein zentraler Aufgabenbereich: „Wir suchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Willen zu lernen, die Gespür für Leute haben und die Kollegen auch entwickeln können. Wir ziehen aus dem eigenem Haus Leute groß und qualifizieren gerne auch „über“, dadurch bringen wir am Standort Experten hervor.“ Im Rahmen der Raben-Akademie bietet das Unternehmen zahlreiche Weiterbildungen an.
„Führungskräfte haben Vorbild-Funktion“
Auch bei Kühne + Nagel wird Aus- und Weiterbildung groß geschrieben. So hat Kühne + Nagel im bayernhafen Nürnberg 40 Azubis, die Übernahmequote liegt bei 90 bis 95%. Jeder Geschäftsbereich hat einen Trainee, und auch duales Studium ist möglich. Zum K+N Talentprogramm gehören Coaching, das Kennenlernen anderer Standorte, Seminare zu Kommunikationstools und abteilungsübergreifende Projekte. Zudem bietet Kühne + Nagel im Rahmen eines persönlichen Entwicklungsplans jedem Mitarbeiter fachliche und persönliche Weiterbildung. Für Goran Susak ist dabei Verbindlichkeit wichtig: „Was beschlossen ist, wird auch gemacht und den Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung gestellt. Versprechen, was man halten kann, tun, was man versprochen hat. Führungskräfte haben da eine wichtige Vorbild-Funktion.“
Wir brauchen Mitarbeiter, die sich für das Thema Hafen begeistern.“
Joachim Zimmermann, bayernhafen Geschäftsführer
„Die Mischung aus internen Karrieren und frischen Ideen von außen“
„Wir brauchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich für das Thema Hafen begeistern“, sagt bayernhafen Geschäftsführer Joachim Zimmermann, „die Mischung macht‘s, aus Alt und Jung und den verschiedenen Disziplinen. So suchten wir vor einigen Jahren eine/n Bau- und eine/n Maschinenbauingenieur/in. Vorgestellt hatten wir uns jeweils eine/n mit rund zehn Jahren Berufserfahrung. Da gab’s aber niemanden. Stattdessen bewarben sich zwei Hochschulabsolventen und zwei Endfünfziger, je Fachbereich ein junger und ein älterer Mann. Wir haben alle vier eingestellt. Von dieser Mischung profitieren jetzt alle: wir als Unternehmen, die vier ‚Neuen‘ und alle Kolleginnen und Kollegen. Einfach bereichernd, die Mischung aus internen Karrieren und frischen Ideen von außen.“
So zeigen die Gespräche mit Unternehmern und Führungskräften aus Industrie und Logistik nachdrücklich: Der Mensch ist die wichtigste Ressource in Unternehmen – und das wird auch so bleiben.