100 Jahre bayernhafen Aschaffenburg
Bündeln und verknüpfen – heute wie vor 100 Jahren
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Wird ein Mensch 100 Jahre alt, sagen die Gratulanten oft: „Unglaublich, was sich in dieser Zeit alles verändert hat.“ Wird ein Hafen 100 Jahre alt – wie 2021 der bayernhafen Aschaffenburg, der zusammen mit den Binnenhafen-Standorten in Bamberg, Nürnberg, Roth, Regensburg und Passau zu bayernhafen gehört – gilt ganz im Gegenteil: Der Hafen ist heute dafür da, wofür er auch im Jahr seiner Gründung da war: Güter zu bündeln, Binnenschiff, Bahn und Lkw zu verknüpfen und so sicherzustellen, dass Güter verlässlich ihr Ziel erreichen. Hafen 2021 ist wie Hafen 1921 Umschlagplatz, Drehscheibe, Ausgangs- und Zielpunkt logistischer Ketten und Garant unserer Versorgungssicherheit.
Die Historie
Bis zum Bau der Eisenbahn hatten die Wasserstraßen den unvergleichlichen Vorteil der geringen Transportkosten, der Schnelligkeit und der Möglichkeit große Gütermengen zu befördern. Der Ausbau der Mainkanalisierung von Hanau bis Aschaffenburg ließ in Aschaffenburg das Bedürfnis nach der Errichtung geeigneter Hafenanlagen für den gestiegenen Verkehr immer dringlicher werden, denn der Floßhafen reichte schon seit langem nicht mehr aus.
Am 3. November 1921 konnte der neue Handels- und Industriehafen feierlich eingeweiht werden. Als Endhafen der ausgebauten Mainstrecke versorgte der Hafen zunächst in erster Linie die Bayerische Staatsbahn mit Kohle, zudem private Haushalte mit Brennstoffen in Nord- und Ostbayern. Der Hafen fungierte auch als Drehscheibe zwischen den Zentren Nordwestdeutschlands und den Verbrauchs- und Verarbeitungsstätten in Bayern. Schon damals war der Hafen Aschaffenburg das „Gateway“ der Rheinschiene nach Osten und das Tor Bayerns nach Westen und zur Nordsee – dies ist bis heute so.
1952 wurde im Hafen Aschaffenburg ein Kohlekraftwerk der Bayernwerke AG errichtet. Das Kraftwerk versorgte bis zu 440.000 Haushalte mit elektrischer Energie.
In den 1960er Jahren ging die Bedeutung von Kohle als Brennstoff zurück, gleichzeitig nahm der Mineralölumschlag zu. 1972 wurde der Hafen erweitert und die Umschlagstelle Stockstadt in Betrieb genommen.
Seit der Inbetriebnahme des Main-Donau-Kanals 1992 liegt Aschaffenburg an der durchgehenden Wasserstraße von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer.
Im Jahre 2000 dann der nächste Meilenstein: Der Energiekonzern E.ON gab den Kraftwerksstandort im bayernhafen Aschaffenburg auf. Was dann folgte, ist eine der erfolgreichsten Konversionen von Kraftwerks- in Industrieflächen in Bayern – dafür einige Beispiele:
„Hafen ist nie fertig und immer Spiegelbild wirtschaftlicher Entwicklung“
Nach der Aufgabe des Kraftwerksstandorts stand bayernhafen vor der Frage: Welche Rahmenbedingungen müssen wir schaffen, um im Hafen Industrieunternehmen anzusiedeln?
„Wir haben die trimodale Anbindung an Binnenschiff, Bahn und Lkw ausgebaut, den Rückbau der Kraftwerksflächen begleitet und neue, flexibel teilbare Flächen mit Wasser-, Gleis- und Straßenanschluss geschaffen“, sagt bayernhafen Geschäftsführer Joachim Zimmermann, „parallel haben wir gezielt Branchen und Unternehmen angesprochen. Heute sind 400.000 m2, welche vormals im Hafen für die Energieerzeugung mit Kohle vorgesehen waren, an Industrieunternehmen neu vergeben. Eine in dieser Form einzigartige Erfolgsgeschichte. Klar sind wir lange Wege gegangen, aber sie haben sich gelohnt. Hafen ist nie fertig und immer Spiegelbild wirtschaftlicher Entwicklung.“
Ansiedler der ersten Stunde nach der Kraftwerksabsiedlung …
… waren die bereits im Hafen ansässigen Recycling-Unternehmen Westarp KG und Helmut Westarp. Unter dem Namen „Ökopark“ rund um das ehemalige Turbinenhaus betreiben sie heute eine Rohstoffgewinnungsanlage zur Aufbereitung und Verarbeitung von Metallen, Papier und Kunststoffen, unter ökologischen Gesichtspunkten. Ein weiterer im Hafen bereits ansässiger Ansiedler, war die Klaus Schäfer Holding. Auch hier wurde das Potential früh erkannt, den eigenen Logistikstandort zukunftsfähig auszubauen.
Pollmeier – vom Buchenstamm zum fertigen Brett
Die nächste Ansiedlung auf einem Teil der Konversionsfläche war Pollmeier Massivholz. Mit Produktionsbeginn in Aschaffenburg am dritten Pollmeier Sägewerkstandort im Jahr 2007 wurde Pollmeier zu einem der größten Laubholzsägewerke weltweit. Das Unternehmen findet für seinen Produktionsstandort nach wie vor beste Bedingungen vor. So erfolgt zum einen die Versorgung mit Buchenrundholz überwiegend per Binnenschiff und Bahn. Zum anderen werden mit Buchenschnittholz beladene Container im Kombinierten Verkehr nach Asien und in die USA verschifft.
Letzter Abschnitt Umspannwerk
Mit Rückgabe von 10 ha des ehemaligen Umspannwerks im Jahr 2015 wurde mit der letzten Phase der Konversion begonnen. Die Ansiedlung von RAIL.ONE auf 35.000 m2 legte den Grundstein der städtebaulichen Entwicklung und wie bayernhafen diesen Teil des Hafens für Unternehmen bereitstellen möchte. Im April 2018 eröffnete das Werk zur Produktion von Betonschwellen und versorgt seitdem von hier aus die Bahnbaustellen Süddeutschlands. Der bayernhafen Aschaffenburg überzeugte RAIL.ONE mit seiner Lage, der trimodalen Anbindung sowie der großen Lagerkapazität.
Ebenfalls auf Konversionsflächen wächst das Unternehmen Teamlog seit Jahren stetig. Die Logistikleistungen von Teamlog gehen weit über das klassische Lagern und Transportieren von Gütern hinaus. Im Mai 2019 eröffnete Teamlog im bayernhafen Aschaffenburg ein weiteres Logistikzentrum für das weltweite Ersatzteilgeschäft des Achsenbauers SAF-Holland.
In seiner Funktion als Standort-Architekt entwickelt bayernhafen den Wirtschaftsstandort Aschaffenburg immer weiter und sorgt für einen optimalen Branchenmix – Multimodalität und Vielfalt ist der Leitgedanke. So wurde mit
Blasius Schuster ein Spezialist für die Entsorgung und Aufbereitung mineralischer Rohstoffe gefunden. Das Grundprinzip effizienter Logistik ist „keine Leerfahrten“. Genau dieses Prinzip wird von Schuster angewendet und holt Materialströme von der Straße auf die Wasserstraße und die Schiene. Per Ganzzug kommt wöchentlich Naturmaterial aus dem Sandtagebau in Thüringen und Sachsen zum bayernhafen Aschaffenburg. In Gegenrichtung nimmt der Zug aufbereiteten Boden zurück, der zur Rekultivierung von Tagebauflächen eingesetzt wird.
Ende 2020 wurde mit der Sanierung des früheren Handelskai an der Werftstraße begonnen. Bereits im Frühjahr 2021 konnte die OWA Odenwald Faserplattenwerk GmbH eine neue Halle für ihr Perlitlager zur Werksversorgung in Betrieb nehmen. Perlit ist Hauptzuschlagsstoff in der Produktion der Faserplatten im OWA-Werk Amorbach. bayernhafen schlägt das Umschlaggut vom Schiff direkt in die neue Halle um und bewirtschaftet als Hafendienstleister das Lager.
bayernhafen setzt auf Flächenrecycling statt Flächenverbrauch. Flächen werden bei Bedarf durch intelligentes Flächenmanagement immer wieder neu nutzbar gemacht.
„Hafen ist immer im Wandel“, sagt Alexander Zeiger, Leitung Immobilienwirtschaft im bayernhafen Aschaffenburg, „als Standort-Architekt haben wir die Konversionsfläche Schritt für Schritt entwickelt. Heute haben hier erfolgreiche Industrieunternehmen ihre Heimat, die Binnenschiff und Bahn für ihre Logistik einsetzen. Der Erfolgsfaktor ist, dass im Gegensatz zu klassischen Industrie- und Gewerbegebieten bayernhafen Eigentümer aller Flächen ist. Aufgrund dieser einheitlichen Struktur haben wir immer das Ganze im Blick: mit dem Anspruch, mehrdimensional zu denken und zu handeln mit Blick auf die Infrastruktur und die Nutzer sowie auf den Bedarf der Wirtschaft in der Region. Diese Konstellation hat bei jeder Ansiedlung gezeigt, wie gut sie funktioniert – eine Blaupause für Transformationen dieser Art.“
Anpassung der Hafen-Infrastruktur
An einem leistungsstarken Standort muss die Infrastruktur stimmen: Kaianlagen, Gleise, Straßen und Umschlagstechnik passt bayernhafen daher kontinuierlich an die Anforderungen seiner Ansiedler an. So starteten 2021 die Arbeiten zur Modernisierung des Hafenbahnhofs: Weichen und Gleisanlagen werden saniert, die Stellwerkstechnik modernisiert; zudem wird der als Handelskai konzipierte Kai 1 an heutige Anforderungen angepasst. „Wir machen den Hafen zukunftsfähig“, sagt Anja Bokeloh, Leiterin Technik und Betrieb im bayernhafen Aschaffenburg, „so steht Kapazität zur Verfügung, wenn sie gebraucht wird.“
Bereits 2019 formulierte bayernhafen Geschäftsführer Joachim Zimmermann die Forderung, dass ein flächendeckender Breitbandausbau des Hafengeländes innerhalb der nächsten zwei Jahre notwendig sei. Denn um die Digitalisierung von Logistikprozessen und Infrastruktur voranzutreiben, braucht es ein leistungsstarkes Glasfasernetz. Durch die Kooperation mit ENTEGA kann pünktlich im Jubiläumsjahr 2021 der Glasfasernetzausbau im bayernhafen Aschaffenburg beginnen.
Überzeugt mit Schnittstellen-Kompetenz auch Unternehmen außerhalb des Hafens
Im bayernhafen Aschaffenburg werden die drei Verkehrsträger effizient verknüpft. Daher entscheiden sich Unternehmen dafür, Bahn und Binnenschiff auf der Langstrecke als Alternative zum Lkw einzusetzen. „Hafen ist für alle Unternehmen interessant, die Anschluss an internationale Transportnetze suchen“, sagt Anja Bokeloh, „sei es im Import oder Export, seien es maritime oder kontinentale, klassische oder Kombinierte Verkehre. Dafür brauchen Unternehmen keinen eigenen Bahnanschluss, müssen also gar nicht im Hafen ansiedeln, sie nutzen einfach unsere
Umschlagsleistungen.“
Auch der Kombinierte Verkehr (KV) trägt zur Verkehrsverlagerung bei: Bereits 1999 ging im bayernhafen Aschaffenburg das Containerterminal in Betrieb. Jüngste Entwicklung ist eine neue KV-Verbindung transalp: Seit Oktober 2020 ist Aschaffenburg mehrmals wöchentlich per Intermodalzug mit dem norditalienischen Novara verbunden. Mit seiner Schnittstellen-Kompetenz trägt bayernhafen dazu bei, dass Verkehrsträger nach ihren Stärken eingesetzt werden. Dies entlastet die Straßen und spart CO2 ein. Der bayernhafen Aschaffenburg leistet damit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Mit einem „Habitatverbund-Konzept“ praktiziert der bayernhafen Aschaffenburg zudem gelebten Artenschutz und gestaltet den Naturraum des Hafens.
Jobmotor
Die angesiedelten Unternehmen schaffen Arbeitsplätze: Im bayernhafen Aschaffenburg selbst arbeiten rund 2.800 Mitarbeiter in etwa 60 Unternehmen – in der Region Bayerisch Rhein-Main sind es noch einmal weitere rund 5.000 Arbeitsplätze, die direkt oder indirekt vom funktionierenden Wirtschaftsstandort bayernhafen Aschaffenburg abhängig sind. Anja Bokeloh: „Das Leistungsportfolio des bayernhafen Aschaffenburg stimmt, die Anbindung und die Lage. Bei uns fühlen sich mittelständische Familienunternehmen so wohl wie global player.“
„Wir danken allen Unternehmen im bayernhafen Aschaffenburg für ihren Beitrag, unseren Heimathafen zu einem wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort auszubauen, und für die Sicherung von Wachstum und Beschäftigung“ so Anja Bokeloh und Alexander Zeiger.
Die bayernhafen Produktpalette am Standort Aschaffenburg umfasst die Geschäftsbereiche Infrastruktur, Immobilienservice, Umschlag & Logistik, Intermodal und Cruise Services.
Kurzum: Der bayernhafen Aschaffenburg ist in seinem 100sten Jahr vielfältig unterwegs und DIE Güter-Drehscheibe in und für Bayerisch Rhein-Main. Joachim Zimmermann: „Der bayernhafen Aschaffenburg zeigt jeden Tag: Infrastruktur ist versorgungsrelevant. Binnenhäfen sind DIE Knotenpunkte der drei Verkehrsträger Schiff, Bahn und Lkw.“